Chiptuning – Potenzial und Risiken
Fazit Chiptuning und Tuningbox
Gleich zu Beginn ein Hinweis: höhere Belastungen treten IMMER auf. Da kann der Tuner argumentieren wie er will. Soll eine Leistung erzielt werden, die höher als die Werksangabe ist, bedeutet das auch eine höhere Beanspruchung der mechanischen Teile. Die Lebensdauer der betreffenden Teile verringert sich sobald die Mehrleistung abgerufen wird. Man sollte nicht so blauäugig sein und glauben, daß ein elektronisch getunter Motor noch ebenso dauervollgasfest ist wie der Serienmotor.
Boxen- und Chiptuning Vergleich
Man kann dieses Motor-Tuning mit dem Tunen des Fahrwerkes vergleichen. Wobei dabei die billigste aller Lösungen zum Einsatz kommt: dem Kürzen von Schraubenfedern. Der Wagen liegt natürlich tiefer und die Federung wird härter was vielen wohl schon reicht für die Optik. Dieses Billigtuning kommt aber bei weitem nicht an ein Tuningfahrwerk mit passenden Stoßdämpfern, Stabis, Felge und Reifen heran.
Auf eine Tuningbox übertragen:
Die Erhöhung der Dieselmenge soll so dosiert werden, daß höhere Leistung aber keine Überhitzungsschäden entstehen. Ein heikler Weg, den der Kunde beschreiten soll.
Auf einen Chiptuner übertragen:
Hier gibt es einige Punkte für den Kunden, die der Tuner einfach erfüllen muß und die ihn von einer Garagenwerkstatt im Hinterhof unterscheiden.
- Die Erhöhung der Einspritzmenge ist richtig dosiert
- Die Erhöhung des Laderdrucks ist richtig dosiert
- Die Änderung des Spritzbeginns ist richtig dosiert
- Der Motor wird thermisch nicht überlastet
Ein Chiptuner der diesen Forderungen gerecht wird, kann mehr vertraut werden als tollen Werbesprüchen. Die Arbeit von etablierten und seriösen Tunern ist jeder Box von Ebay & Co. weit überlegen.
Aufwand ab Werk für Mehrleistung:
Warum nicht gleich den Motor eines Auto für wenige Euro “pimpen”? Die Versprechungen sind ja auch zu schön. Deutlich mehr PS für einen kleinen Preis, da schlagen viele Käufer zu. Im Hinterkopf meist mit dem Gedanken, daß der Hersteller ja FAST ein ähnliches Modell im Programm hat, daß aber einige tausende Euro mehr kostet. Welcher Aufwand aber abWerk betrieben wird, um 30 PS und 20 Nm mehr aus einem Triebwerk zu kitzeln, ohne die Standfestigkeit zu reduzieren (was sich ein Hersteller, der auf Masse zielt gar nicht erlauben könnte), zeigt das Beispiel Seat Ibiza Cupra (BPX) im Vergleich mit den “normalen” ASZ-Motoren im Ibiza:
Beide Motorblocks sind größenteils baugleich (Kolben, Kurbelwelle, Lager, ZK, Ventile, PDE, Kupplung usw.), der Ibiza Cupra ( BPX) wird aber zusätzlich optimiert mit:
- einer größeren Wasserpumpe
- einem leistungsfähigeren Lader
- erweiterten Ansaugwegen
- einem großen Front-Ladeluftkühler
Das alles gibt es beim nachrüsten natürlich nicht für den Preis eines 100 Euro Tuningchips. Stattdessen deutlich schlechtere Abgaswerte und eine höhere thermische Belastung als beim BPX Cupra. Der Motor verträgt diese Mehrbelastung meist ohne gleich in sich zusammen zu fallen, solange das Chiptuning in einem “gesunden” Rahmen bleibt. Es zeigt aber eben auch, wie hoch der Aufwand dann doch ist einen Motor ab Werk mit einer Mehrleistung von “nur” 30 PS aufzurüsten. Am sichersten ist es, wenn die Motorsoftware beim Chiptuning so geändert wird, daß bei hohen LLT die Einspritzmenge und der Ladedruck so weit (in Richtung Serienleistung) gesenkt werden, daß die Brennraum- und Abgastemperaturen trotzdem im noch akzeptablen Bereich bleiben.
Materialstress bei Boxen- und Chiptuning
Rußwerte, Brenn- und Abgastemperaturen steigen beim Boxentuning zum Teil sehr stark an, so daß der Lader bald “rot” sieht und ein Überhitzungsschaden droht. An den Kolben führen extreme Temperaturunterschiede zwischen Brennmulde und Unterseite zu starken Materialspannungen und im Laufe der Zeit zu sogenannten Schwundrissen, die irgendwann den Kolben völlig spalten können.
Ein Chiptuner kann thermischen Belastungen und Rußwerte durch eine maßvolle Ladedruckanhebung und Vorverlegung des Spritzbeginns deutlich senken. Das entlastet den Lader thermisch, fordert ihm aber höhere Drehzahlen ab, und belastet die Zylinderkopfdichtung stärker. Per Chiptuning lässt sich so ein Teil der thermischen Belastungen von Kolben und Lader auf die Zylinderkopfdichtung verschieben, die auch bei Dauervollgas nicht gleich das Zeitliche segnet.
Chiptuning im “grünen Bereich” bietet mehr Sicherheit. Wird dieser Bereich verlassen, zeigen sich aber schnell Gefahren, denn bei zu starker Änderung mehrerer Parameter kann ein Motor noch schneller ins Nirwana geschickt werden als mit einer Powerbox, die nur über die Einspritzmenge eingreift.